Unser lieber Freund und Mitspieler Peter „Pesche“ Baumann ist während der Ausübung seiner grossen Leidenschaft, dem Eishockey, letzten Freitag während eines Trainings mit den Senioren von St. Moritz von uns gegangen. Die Senioren von Celerina sind zutiefst erschüttert vom unerwartet plötzlichen Tod von Peter.
Lieber „Pesche“,
Viel zu früh, aber wahrscheinlich genau auf die Art und Weise wie du es dir gewünscht hast, nämlich während dem Eishockeyspielen, bist du von dieser Welt gegangen. Am Mittwoch zuvor hast du noch mit uns in Celerina mit den „Gelben“ deine Eishockeykünste gegen die „Blauen“ vorgeführt. Mit deinen 62 Jahren hast du die teilweise 20 bis 30 Jahre jüngeren Spieler mit deinen Dribblings und deiner Spielübersicht „alt“ aussehen lassen.
Nach einer schweren Zeit geprägt vom Verlust deiner Mutter und einer Verletzung warst du wieder positiv und voller Freude für die kommende Saison. Eishockey war deine Leidenschaft, dein Leben. Es ging dir nicht nur um den Sieg, für dich war Eishockey Kunst, die Suche nach dem perfekten Zusammenspiel, welches zu einem „schönen“ Tor führte. Und nach dem Spiel oder Training hast du es geliebt – jeder der mit dir schon mal zusammengespielt hat, durfte es schon mal erleben – jeden Spielzug, jede Situation, ja sogar fast jede Sekunde des Spieles zu analysieren und auf der Spieltafel aufzuzeichnen.
Deine Gespräche über Eishockey waren tief und endlos, alles hast du gewusst, jeden berühmten Spieler gekannt. Doch nicht nur über Eishockey konnte man sich mit dir austauschen, noch viel tiefer und interessanter war der Austausch mit dir über das Leben, über die Menschen, über Philosophie und Psychologie. Du warst ein Mensch mit viel Tiefgang, sehr sensibel, wahrscheinlich zu sensibel für diese Welt. Deshalb hast du in Viano die Einsamkeit gesucht, hast Bücher mit Kurzgeschichten und Gedichte geschrieben, um alle deine Erfahrungen und Eindrücke mit deinen Mitmenschen zu verarbeiten. Deine zwei Bücher „Vom Jammertal ins Purzelbaumland“ und „Die Enstehung der Welt“ geben einen guten Einblick in deine Seele.
Du warst anders als die meisten Menschen, hast mit dem Anderssein gekämpft, aber genau dieses anders sein, hat dich einzigartig und gleichzeitig liebenswert und unvergesslich gemacht und deshalb wirst du uns immer in Erinnerung bleiben. Was glaubst du, wie oft wird man noch von dir und von deinen einmaligen Briefen an einige von uns erzählen? Die meisten deiner Briefe waren ziemlich direkt und sollten dem Empfänger etwas zum Nachdenken geben. Einige Briefe waren aber auch herzlich und liebevoll und solltem vor allem Freude bereiten.
Wo du aufgewachsen bist, war Eishockey das Wichtigste. Die Leidenschaft für diesen Sport hat dich früh gepackt und nie mehr losgelassen. Vielleicht waren es deine Sensibilität und deine Verletzlichkeit, die deiner Karriere als Profisportler im Wege standen. Und das obwohl du mit grossem Talent gesegnet warst!
Trotz deiner gesuchten Schreiber- und Dichter-Einsamkeit in Viano hast du aber auch gerne Menschen um dich herum gehabt und du warst auch gerne für Menschen da. Bevor du ins Puschlav gezogen bist, hast du als Lehrer unterrichtet und eine Zeit lang totkranke Menschen begleitet. In Poschiavo hast du bis heute weiter Deutsch und Englisch unterrichtet und viele Menschen haben dich in ihr Herz geschlossen (siehe auch Nachruf auf Il Bernina).
Viele Senioren-Eishockey-Stationen hast du in der Region durchgemacht. Angefangen hast du bei den Senioren in Poschiavo. Gleichzeitig hast du wöchentlich die grosse Reise ins Unterland auf dich genommen, um mit deinen Kollegen aus jüngeren Zeiten Plausch-Eishockey zu spielen. Danach bist du vor 8 Jahren zu uns nach Celerina gestossen. Gemeinsam haben wir sehr oft die Coppa Allegra gewinnen können, natürlich NUR mit schön ausgespielten Toren :-) Nach ein paar Jahren hast du zusätzlich den Weg zu den Senioren St. Moritz gefunden, mit welchen du jeweils am Freitag trainiert hast. Und weil dir das Ganze anscheinend immer noch zu wenig Eishockey war, hast du teilweise auch noch mit den Senioren in Chiavenna gespielt!
Wir sind sicher, dass du nun im Purzelbaumland angekommen, nicht nur Purzelbäume schlagen, sondern auch da oben weiterhin dein Eishockey leben wirst. Wie hier unten bei uns, wirst du es denen da oben sicher auch schwer machen, dir den Puck vom Stock wegzunehmen! Natürlich werden die Analysen nach dem Spiel da oben auch nicht zu kurz kommen. Einzig die Themen über das Leben werden mit deinen neuen Erkenntnissen wohl anders sein. Und wer weiss, vielleicht kriegen wir weiterhin Briefe von dir aus dem Purzelbaumland …
Pesche, wir vermissen dich.
Senioren Celerina
Der Mann und der Tod
Geschichte von Peter Baumann
Es klopfte. Der Mann öffnete, und draussen stand der Tod. Guten Tag - sagte der Mann - was wünschen Sie? Sie - sagte der Tod. Bitte? Ich wünsche Sie. Ich bin der Tod, und bin gekommen, Sie zu holen. Mich? Ja. Sie. Das muss eine Verwechslung sein - sagte der Mann mit dünner Stimme. Nein. Dann muss ich wohl meinen Mantel holen - sagte der Mann. Das wird nicht nötig sein. Ach ja - sagte der Mann, tat einen tiefen Seufzer und trat über die Schwelle hinaus ins Freie. Sie gingen nebeneinander her. Und da sagte der Tod - Es kommen nicht alle so friedlich mit wie Sie. Danke. Bitte schön - sagte der Tod - wissen Sie, ich bin nicht sehr beliebt. Das kann ich mir denken - sagte der Mann. Manchmal, da bin ich willkommen. Da springen sie mir fast in die Arme. Die, die viel gelitten haben? Ja. Die. Fürchten die sich nicht? Zuerst schon. Aber meistens sind sie eben sehr verzweifelt. Und die Kinder? Die fürchten sich zuerst sehr. Aber dann kommen sie doch mit. Ganz ruhig. Und ohne Angst. Ich fürchte mich jetzt auch nicht mehr. Sehen Sie - sagte da der Tod - es sind eben alle nur zu Besuch hier unten. Zu Besuch? Ja, zu Besuch. War ich auch nur zu Besuch? Ja. Und wohin gehe ich jetzt? Dorthin, wo Sie hergekommen sind. Und woher bin ich gekommen? Von zu Hause. Von zu Hause? Ja. Und jetzt gehe ich wieder zurück nach Hause? Ja. Und, bitte schön - fragte da der Mann nach einer Weile - was sollte da denn mein Besuch hier unten? Dass weiss ich nicht - sagte der Tod - ich sollte Sie nur holen. Nach einer Weile fragte der Mann - Haben Sie viele Leute geholt? Ja. Alle. Auch Napoleon? Auch Napoleon. Dann haben Sie ihn also persönlich gekannt? Sozusagen - sagte der Tod und musste fast ein bisschen lächeln. Ist ja verrückt - rief da der Mann - wissen Sie, Napoleon war schon immer mein Vorbild. So, so. Und Sie sind ihm begegnet. Ihm und all den anderen berühmten Leuten. Und auch den weniger berühmten - sagte der Tod. Stimmt - sagte der Mann. Dann schwiegen sie. Ich finde es schön von Ihnen, dass Sie jeden persönlich abholen. Danke. Bitte schön. Dann gingen sie noch ein Stück, und da sagte der Tod - Von hier weg müssen Sie alleine gehen. lmmer geradeaus. Sie finden es dann schon. Ich muss weiter. Ich werde es schon finden, auch allein - sagte der Mann tapfer. Nachdem er ein paar Schritte gegangen war, richtete er sich ein wenig auf und sagte - Auf den Spuren Napoleons. Nach Hause.